Klimaanpassung auf dem Dach: Solaranlagen als Hitzeschutz und Stromquelle

Wenn die Sonne brennt, hilft die Solaranlage doppelt: Sie produziert Energie – und hält das Dach darunter deutlich kühler.

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Hitzewellen in Städten – eine wachsende Herausforderung

Extreme Sommerhitze ist längst keine Seltenheit mehr. Hitzewellen treten in deutschen Großstädten immer häufiger auf und belasten Bevölkerung wie Infrastruktur. Vor allem dicht bebaute urbane Räume leiden unter dem Urban Heat Island-Effekt („Wärmeinsel“): Beton, Asphalt und dunkle Dachflächen speichern tagsüber Sonnenwärme und geben sie nachts nur langsam ab. So kann es in heißen Phasen vorkommen, dass die Nachttemperaturen in einer Großstadt 10 bis 12 °C höher liegen als im Umland. Die Folge: Gebäude kühlen selbst nachts kaum aus, Wohnungen bleiben aufgeheizt, und das Wohlbefinden sowie die Gesundheit der Bewohnerinnen sind beeinträchtigt. Hitzeinseln erhöhen insbesondere für gefährdete Gruppen – Ältere, Kranke, Kinder – das Risiko von Hitzestress, Kreislaufproblemen und hitzebedingten Todesfällen. Angesichts dieser Entwicklung suchen Stadtplanerinnen und Gebäudebetreiber nach Wegen, Gebäude im Sommer passiv zu kühlen, um die Hitzebelastung zu reduzieren.

Solaranlagen als natürliche Klimaanlage auf dem Dach

Eine überraschend effektive Maßnahme gegen aufgeheizte Gebäude ist bereits auf vielen Dächern zu finden: Photovoltaik-Solaranlagen. Diese werden zwar primär zur Stromerzeugung installiert, doch sie wirken ganz nebenbei als Schattenspender und Sonnenschutz für das Gebäude. Solarzellen decken große Teile der Dachfläche ab und verhindern so, dass die Sonne direkt auf die Dachhaut trifft. Ein beträchtlicher Teil der Sonnenstrahlung wird von den PV-Modulen abgefangen und gar nicht erst ins Gebäude weitergeleitet. Statt das Dach zu erhitzen, wird ein Teil der Energie in Strom umgewandelt – diese Energie fehlt also in Form von Wärme. Ein weiterer Teil der Strahlung wird von den Modulen reflektiert. Moderne Solarmodule haben zwar eine dunkle Oberfläche, reflektieren aber dennoch einige Prozent des einfallenden Lichts. Alles zusammen führt dazu, dass deutlich weniger Hitze in das Gebäude eindringt als bei einem ungeschützten Dach.

Zudem wirken die Module wie ein zweites Dach mit Abstand: Übliche Aufdach-PV-Anlagen werden auf Gestellen einige Zentimeter über der eigentlichen Dachoberfläche montiert. Dieser Zwischenraum wird hinterlüftet – Luft kann zirkulieren und die angestaute Wärme abtransportieren. Wind strömt zwischen Dach und Solarmodulen hindurch und kühlt sowohl die Unterseite der Module als auch die Dachoberfläche. Besonders bei aufgeständerten, schräg montierten Modulen ist dieser Effekt ausgeprägt; bei flach aufliegenden Modulen etwas weniger. Die PV-Module übernehmen so die Rolle eines Beschattungssystems: Sie fangen den „Sonnenbrand“ ab, der sonst direkt das Dach aufheizen würde. Man kann sie sich als große Sonnenschirme vorstellen, die das Gebäude vor der prallen Sonne schützen.

Wie stark kühlt ein Solardach? – Wirkungsweise im Detail

Wissenschaftliche Messungen und Simulationen belegen den passiven Kühleffekt von Solardächern eindrucksvoll. Ein bekanntes Beispiel liefert eine Studie der University of California San Diego: Dort wurde mit Infrarotkameras gemessen, dass unter einem PV-Modul das Dach deutlich kühler blieb als auf unbedeckten Stellen. Die Deckentemperatur im Inneren lag tagsüber etwa 5 °F (ca. 2–3 °C) niedriger unter dem Teil des Dachs, der von Solarmodulen beschattet wurde. Praktisch bedeutet das: Die oberste Geschossdecke heizte sich durch die Solaranlage um mehrere Grad weniger auf. Für ein Gebäude kann dies bereits einen spürbaren Unterschied beim sommerlichen Raumklima ausmachen – insbesondere in Dachwohnungen oder Büroräumen unter dem Dach.

Gleichzeitig zeigte die Untersuchung, dass die Solarmodule einen Teil der Wärme nach oben abgeben: Der Wind über dem Dach entführte rund 38 % der Hitze einfach weg, bevor sie das Dach überhaupt erreichte. Unterm Strich ließ sich dadurch auch der Kühlbedarf des Gebäudes reduzieren. Die UCSD-Forschenden errechneten, dass durch den passiven Kühlgewinn – über die Lebensdauer der Anlage betrachtet – eine Ersparnis entspricht, als würde die PV-Anlage 5 % mehr Strom produzieren, als sie tatsächlich tut. Anders formuliert: Die Kühlenergie, die dank der PV-Anlage nicht mehr aufgewendet werden muss, spart etwa 5 % der Stromkosten ein. Diese Einsparung kommt quasi als Bonus zur normalen Solarstromproduktion hinzu.

Aus europäischen Simulationen ergeben sich ähnliche Resultate. In einer französischen Studie (Paris) wurde berechnet, dass eine weitflächige Solardach-Bestückung den Kühlenergiebedarf in Gebäuden um rund 12 % senken kann. Die Erklärung: Unter den PV-Modulen bleibt das Gebäude kühler, wodurch Klimaanlagen weniger arbeiten müssen. Interessanterweise wurde in dieser Simulation auch ein leichter Nebeneffekt festgestellt: Im Winter könnten Solarmodule den Heizbedarf minimal erhöhen (um ca. 3 %), da sie die Sonne etwas vom Dach fernhalten. Doch dieser Nachteil ist gering und wird durch bessere Dämmung weiter gemindert. Im Sommer hingegen überwiegt der Vorteil eindeutig – die verschatteten Dächer heizen weniger auf, was die Kühlenergie deutlich reduziert.

Nicht nur Messungen am Gebäude, auch Stadtklima-Modelle zeigen positive Effekte. Eine Untersuchung aus Österreich ergab, dass PV-Anlagen das lokale Mikroklima etwas abkühlen: In dicht bebauten Quartieren könnten die Temperaturen auf Straßen und Plätzen um bis zu 1,5 °C sinken, wenn viele Dächer mit PV ausgerüstet sind. Andere Studien fanden zwar nur geringfügige Mittelwert-Abkühlungen (z.B. ca. 0,2–0,3 °C in Paris), aber selbst diese kleinen Unterschiede können an Hitzetagen spürbar zur Entlastung beitragen. Vor allem in der Nacht zeigt sich ein interessanter Effekt: Obwohl PV-Module nachts keine Sonne abhalten, beeinflussen sie den Wärmehaushalt des Gebäudes über den Tag so, dass die Stadt nachts bis zu 0,3 °C kühler sein kann. Der Grund: Tagsüber gelangt weniger Wärme in Gebäude und Straßen, somit wird abends/nachts weniger gespeichert Wärme freigesetzt. Kurz gesagt wirken Solardächer tagsüber wie Hitzeschilde und sorgen dafür, dass unsere Städte sich insgesamt etwas weniger stark aufheizen.

Vorteile für Wohngebäude und Büros

Gerade in Mehrfamilienhäusern und Bürogebäuden zahlt sich die Kühlwirkung von Solaranlagen mehrfach aus. In Wohngebäuden ohne Klimaanlage – in Deutschland nach wie vor der Normalfall – kann eine PV-Anlage auf dem Dach spürbar kühlere Innenraumtemperaturen im obersten Stockwerk bewirken. Bewohner*innen von Dachwohnungen wissen, wie unerträglich heiß es im Sommer darunter werden kann. Hier bietet die Solaranlage einen doppelten Nutzen: Sie liefert Solarstrom und hält gleichzeitig die Wohnung kühler. Das verbessert den Wohnkomfort und kann im Extremfall sogar gesundheitliche Risiken verringern, denn überhitzte Innenräume sind für vulnerable Personen gefährlich. Zusätzlich schont die geringere Aufheizung auch die Bausubstanz: Dachmaterialien und Dämmung werden weniger starken Temperaturschwankungen ausgesetzt, was ihre Lebensdauer verlängert. Dachziegel zum Beispiel dehnen sich bei großer Hitze aus und ziehen sich nachts wieder zusammen – mit PV-Beschattung bleiben diese Extreme moderater, was Rissen und Materialalterung vorbeugt.

In Büro- und Verwaltungsgebäuden, die oft bereits Klimaanlagen nutzen, reduziert ein Solardach die Kühllast der Klimageräte. Das bedeutet: Die Klimaanlage muss weniger arbeiten, um die gleiche angenehme Raumtemperatur zu halten. Dadurch sinkt der Stromverbrauch für Klimatisierung, was die Betriebskosten senkt und die Umwelt entlastet. Simulationen zeigen, dass im städtischen Maßstab die Kühlenergienachfrage durch PV-Beschattung zweistellig sinken kann – beispielsweise um rund 12 % weniger Strombedarf für Klimaanlagen im Sommer. Eine solche Entlastung macht sich nicht nur auf der Stromrechnung bemerkbar, sondern verringert auch die Gefahr von Lastspitzen im Stromnetz während Hitzeperioden. Denn die heißesten Tage sind genau jene, an denen alle Klimageräte auf Hochtouren laufen. Solaranlagen liefern ausgerechnet dann am meisten Strom, wenn der Kühlbedarf am größten ist – an sonnigen Sommernachmittagen. Gebäude mit PV-Anlage können einen Teil des benötigten Stroms für die eigene Klimaanlage direkt vom Dach beziehen. Das schont die Stromnetze und reduziert die Abhängigkeit von teurem Netzstrom, gerade in Zeiten hoher Energiepreise. Nicht zuletzt vermindert ein geringerer Stromverbrauch für Kühlung auch die Abwärme, die Klimaanlagen an die Außenluft abgeben. So entsteht ein Doppel-Effekt: Weniger Abwärme bedeutet wiederum eine etwas kühlere Umgebung, was in verdichteten Stadtvierteln dem Wärmeinseleffekt entgegenwirkt. Solardächer tragen damit indirekt dazu bei, dass Klimaanlagen sich nicht gegenseitig die Stadt weiter aufheizen.

Kühlende Solardächer im Gewerbe und in der Industrie

Auch im gewerblichen und industriellen Bereich bieten Solaranlagen auf Hallen und Dächern große Vorteile bei Hitze. Viele Industrie- und Lagerhallen haben sehr große Flachdächer, die unter der Sommersonne extrem heiß werden. Darunter staut sich die Wärme, was für gelagerte Waren, Maschinen und Mitarbeitende zum Problem werden kann. Hier wirkt eine Solaranlage wie eine zweite Dachhaut, die die Halle vor direkter Sonneneinstrahlung schützt. Das Hallendach bleibt kühler und die Innentemperaturen können spürbar sinken – teils um mehrere Grad im Vergleich zu unbeschatteten Hallen. Hitzeempfindliche Lagergüter (etwa Lebensmittel, chemische Produkte oder Elektronik) sind so weniger Temperaturschwankungen ausgesetzt. Selbst robuste Güter profitieren davon, dass sich Hallen weniger aufheizen, da z.B. die Ausdünstung von Chemikalien oder Verformung von Materialien bei geringerer Hitze vermindert wird.

In Produktionsstätten mit wärmeempfindlichen Prozessen oder Kühlbedarf (z.B. Lebensmittelproduktion, Pharma, Rechenzentren) senkt jedes Grad weniger Gebäudeaufheizung den Energiebedarf für Kühltechnik. Hier schlagen zwei Effekte positiv zu Buche: Erstens sinkt die thermische Last auf Kühlaggregate, weil weniger Außenwärme ins Gebäude dringt. Zweitens liefern die PV-Module zugleich Solarstrom für die aktive Kühlung, falls nötig. Ein erheblicher Anteil des Stromverbrauchs in Industrie und Gewerbe entfällt heute auf Kühlung und Klimatisierung – in Deutschland sind es etwa 15 % des Strombedarfs, vor allem durch industrielle Kühlprozesse. Durch Solardächer lässt sich dieser Verbrauch senken und gleichzeitig der verbleibende Bedarf mit eigens erzeugtem Solarstrom decken. Beispielsweise wird bei einer großen Veranstaltungshalle in Wien bereits rund 20 % des erzeugten PV-Stroms direkt für Kälteanlagen (Klimakälte und Eiserzeugung) vor Ort genutzt. Dieses Prinzip lässt sich auf viele Gewerbebauten übertragen: Supermärkte mit Kühltheken, Lager mit Kühlräumen oder Fertigungsbetriebe mit Prozesskühlung können PV-Strom genau dann nutzen, wenn die Kühlaggregate an heißen Tagen volle Leistung bringen müssen. Die Energieeinsparung und die Kostenersparnis sind entsprechend hoch, besonders da Strom an Nachmittagen oft teuer ist. Darüber hinaus verbessert die geringere Hitze auch die Arbeitsbedingungen: In weniger überhitzten Werkhallen können Mitarbeiter*innen sicherer und produktiver arbeiten, ohne dass teure Klimatisierung nachgerüstet werden muss.

Beitrag zur klimafreundlichen Stadtentwicklung

Solaranlagen auf Dächern verbinden auf ideale Weise Klimaschutz und Klimaanpassung. Einerseits erzeugen sie saubere Energie und reduzieren den Bedarf an fossilem Strom – ein wichtiger Beitrag zur Senkung von CO₂-Emissionen. Andererseits wirken sie als dezentrale Kühlflächen und mildern lokale Überhitzung. Diese Doppelfunktion wird immer bedeutender, da Klimamodelle für die kommenden Jahrzehnte vermehrt heiße Sommer vorhersagen. Ohne Gegenmaßnahmen würde der Einsatz von Klimaanlagen drastisch ansteigen, was wiederum hohe Stromverbräuche, Kosten und zusätzliche Abwärme in den Städten bedeutet. Passive Kühlung durch bauliche Maßnahmen hat daher Priorität in nachhaltigen Kühlstrategien. Städte und Kommunen fördern bereits „kühle Dächer“ – etwa helle Beschichtungen, Gründächer oder eben Solardächer – um der Aufheizung entgegenzuwirken. Das Umweltbundesamt betont, dass vor allem verschattete und begrünte Flächen sowie bauphysikalische Maßnahmen nötig sind, um Gebäude sommerfit zu machen. Photovoltaik leistet hier einen oft unterschätzten Beitrag: Sie zählt zu den aktiven und passiven Verschattungsmaßnahmen, die empfohlen werden.

Interessant ist, dass PV-Anlagen gerade zur Spitzenlastzeit eines Sommertages maximalen Nutzen bringen. Wenn um die Mittags- und Nachmittagsstunden die Sonne am intensivsten scheint, produzieren sie viel Strom und halten zugleich die Hitze fern. Hotspots in der Stadt – zubetonierte Plätze, dichte Blockbebauung – können durch einen Mix aus PV, Grün und reflektierenden Oberflächen spürbar gekühlt werden. Natürlich ersetzen Solaranlagen keine Bäume oder Parks; Naturbasierte Lösungen wie Stadtgrün und Wasserflächen sind ebenso unverzichtbar im Kampf gegen Hitzeinseln. Doch PV-Dächer können ein wichtiger Baustein sein. In Kombination mit Dachbegrünung ergeben sich sogar Synergien: Das Grün kühlt die Module durch Verdunstung, was deren Wirkungsgrad steigert, und die Module geben dem Grün wiederum Schatten – beide zusammen halten das Gebäude noch effektiver kühl. Solche integrierten Konzepte werden in Pilotprojekten bereits erprobt (z.B. Gründach-PV in einigen deutschen Städten).

Fazit: Solarstrom und Kühlung – doppelter Gewinn für Stadtgebäude

Angesichts zunehmender Hitzewellen und steigender Energiepreise sind innovative Lösungen gefragt, die Städte lebenswert und Gebäude effizient halten. Solaranlagen auf Dächern erweisen sich dabei als echte Allrounder: Sie produzieren klimafreundlichen Strom und dienen gleichzeitig als passive Kühlhauben für Häuser. Insbesondere in urbanen Räumen – von Mietwohnungsbauten über Bürocampus bis zu Fabrikhallen – können sie die Überhitzung von Innenräumen mildern und Klimaanlagen entlasten. Dies schützt die Gesundheit der Menschen, erhöht den Komfort und senkt den Energieverbrauch im Sommer. Damit leisten Solardächer einen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel, ohne zusätzliche Betriebskosten zu verursachen – im Gegenteil, sie erwirtschaften sogar noch Energieerträge.

Für Gebäudeeigentümer*innen und die Immobilienwirtschaft bedeutet dies: Eine PV-Anlage auf dem Dach ist nicht nur ökologisch und wirtschaftlich attraktiv, sondern auch ein Plus für die Gebäudekühlung und Bausubstanz. In der nachhaltigen Stadtentwicklung könnten Solardächer daher als win-win-Maßnahme stärker berücksichtigt werden – sie vereinen Klimaschutz (Emissionsminderung) und Klimaanpassung (Hitzeschutz) in einem. Gerade deutsche Städte, die sich im Sommer in Hitzeinseln verwandeln, profitieren von jedem zusätzlich geschatteten und solar genutzten Dach. Jedes Grad weniger Aufheizung zählt. Solaranlagen auf Gebäuden sind somit weit mehr als Stromlieferanten – sie sind ein stiller Beitrag zu kühleren Städten und komfortableren Gebäuden, der in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird.

Bildquelle: Foto von anna-m. w.

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